30.03.2006 In den letzten Tagen kam es in mehreren vom Staudamm
betroffenen Provinzen erneut zu heftigen Ausschreitungen zwischen kurdischen
Gruppen und türkischem Militär. Vor allem in der Provinzhauptstadt
Diyarbakir geriet die Situation außer Kontrolle und forderte mehrere
Menschenleben.
Die ECA-Watch Kampagne macht seit langem auf Menschenrechtsverletzungen
und bewaffnete Auseinandersetzungen in Projektgebiet des Ilisu Staudammes/Türkei
aufmerksam.
Die Problematische Sicherheitssituation wird von den beteiligten Unternehmen,
sowohl in der verzerrten öffentlichen Darstellung des Projektes (www.ilisu-wasserkraftwerk.com),
wie auch in der Umsiedelungsplanung und Planung archäologischer Rettungsarbeiten,
ignoriert (ebd.), obwohl sie unmittelbare Auswirkungen auf die verantwortungsvolle
Durchführbarkeit des Projektes mit sich bringt.
Zu einer genauen Analyse der Sicherheitssituation im Gebiet des Ilisu
Staudammes verweisen wir auf den Bericht der renommierten Menschenrechtsorganisation
Kurdish Human Rights Project (UK), welcher von ECA-Watch sowohl den beteiligten
Unternehmen, wie auch derÖsterreichischen Kontrollbank übermittelt
wurde.
download: KHRP/London: Evaluation of the Human Rights Situation in
the Kurdish Region (South-East Turkey. Februar 2006
Letzte Medienberichte zu aktuellen Ereignissen:
Reuters:
http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/L28781438.htm
http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/L28012809.htm
http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/L29183909.htm
http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/BLA946211.htm
http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/L29229549.htm
http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/L30297121.htm
Examiner:
http://www.examiner.com/World-a61937~Three_Killed_As_Kurds_Riot_in_Turkey.html
Guardian:
http://www.guardian.co.uk/worldlatest/story/0,,-5719412,00.html
EREIGNISSE DER LETZTEN TAGE:
Nach allen bisher verfügbaren Informationen stellen sich die Ereignisse
der letzten Tage wie folgt dar:
• Am 26 März wurden 14 kurdische Guerillakämpfer in den
Bergen durch türkisches Militär mit chemischen Waffen getötet.
Beginnend mit dem kurdischen Newroz Fest (Neujahrsfest) am 21 März
hatten die Kämpfer einen einwöchigen Waffenstillstand verkündet.
• Am 28 März wurden vier der Leichen nach Diyarbakir gebracht.
Mehrere zehntausend Menschen nahmen am Begräbnis teil. Nach dem Begräbnis
kam es zu Zusammenstößen der Teilnehmenden mit Sicherheitskräften.
• Als sich die aufgebrachte Menge in der Stadt verteilte, konnte
die Polizei die Situation nicht mehr kontrollieren und der Gouverneur
berief das Militär zur Intervention.
• Bereits in der Nacht auf 29 März wurden mehrere Dutzend Menschen
verletzt. Zahlreiche Menschen wurden verhaftet.
• Alle Geschäfte blieben am nächsten Tag geschlossen.
Bei den folgenden Auseinandersetzungen wurden vier Menschen getötet,
darunter ein zwölfjähriges Kind.
• Das Fahrzeug des Bürgermeisters der Stadt, Osman Baydemir,
wurde von Spezialeinheiten angegriffen, der Chauffeur verletzt und Sicherheitspersonal
zusammengeschlagen.
• Während der Begräbnisse der neuen Todesopfer bleibt
die Situation weiterhin angespannt. Zu Ausschreitungen und Protesten kam
es auch in der Provinzhauptstadt Batman, sowie in Siirt and Adana.
HINTERGRUND:
Obwohl die Sicherheitssituation eine wesentliche Determinante für
ein Großstaudammprojektes mit über 50.000 direkt betroffenen
Menschen darstellt, wird die Sicherheitslage vom Projektbetreiber in der
öffentlichen Darstellung des Projektes, sowie in der Planung völlig
ausgeblendet.
Die bewaffneten Auseinandersetzungen und Menschenrechtsverletzungen haben
direkte Auswirkungen auf das Projekt: Es ist nicht anzunehmen, dass in
einer Region die von Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und politischer
Repression gekennzeichnet ist, eine Projektplanung durchgeführt werden
kann, welche auf der freien Meinungsäußerung und Beteiligung
der betroffenen Bevölkerung beruht - Grundbedingung für ein
erfolgreiches Projekt.
Risikoabsicherung für Ilisu durch Österreichischen
Staat?
Wie von ECA-Watch berichtet, wurde von der VA Tech Hydro ein Antrag auf
Exporthaftung bei der Österreichischen Kontrollbank AG gestellt,
welche im Namen des Bundesministeriums für Finanzen Exporte gegen
ökonomische wie politische Risiken absichert. Eine Entscheidung über
den Antrag steht noch aus.
ECA-Watch Kampagne fordert von VA Tech Projektstopp
Die Einhaltung internationaler Standards wird seit Jahren von der VA Tech
Hydro als eine Grundvoraussetzung für eine Beteiligung erklärt(1).
Laut internationalen und lokalen Expertengutachten ist diese Bedingung
nicht erfüllt.
Die ECA-Watch Kampagne fordert von den beteiligten Unternehmen sich nicht
an dem Projekt zu beteiligen:
1. solange die massiven sozialen, ökologischen und sicherheitspolitischen
Probleme ungelöst sind,
2. die Planung der Umsiedelung wie auch das Umweltgutachten nicht in Einklang
mit internationalen Mindeststandards ist.
Eine Stellungnahme des Unternehmens steht aus.
Rückfragen und weitere Informationen:
Nonno Breuss
ECA-Watch Österreich
Hamburgerstraße 8/8, 1050 Wien
Eca-watch@gmx.at
Tel: 0043/650/5863912
(1) Presseaussendung VA TECH HYDRO, 21.11.2001
„Einhaltung internationaler Standards und Auflagen als Voraussetzung
für Weiterverfolgung von Projekt Ilisu, Türkei“
http://www.vatech-hydro.at/view.php3?f_id=6910&LNG=DE

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