VA Tech baut Staudammkette in türkischem
Nationalpark mit – Verdacht auf österrei-chische Exportförderung
Wien, 6. März 2003. Milliarden an österreichischer
Exportförderung werden ohne jegliche Rücksicht auf bindende
Sozial- und Umweltstandards und im Geheimen vergeben, kritisieren internationale
Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen heute auf einer Veranstaltung
in Wien. Die Folge: Österreich ist für die Finanzierung katastrophaler
Projekte mitverantwortlich. Anders Lustgarten vom Kurdish Human Rights
Project mit Sitz in London berichtet über Mega-Staudämme in
der Türkei, die durch österreichische Exportförderung mitfinanziert
werden. Avi Mahaningtyas, Frauen- und Umweltexpertin aus Indonesien, erzählt
über giftspeiende Papier-fabriken aus österreichischer Hand
auf Sumatra. Und Weltbank- und Exportförderungsexperte Bruce Rich
vom Environmental Defense Fund aus den USA bestätigt: „Österreich
ist eines der Länder, die für fehlende internationale Standards
verantwortlich sind.“ Politisch zuständig für diesen „schweren
Missstand“ ist Finanzminister Karl-Heinz-Grasser.
Die drei internationalen Experten sind auf Einladung der
österreichischen Kampagne „eca-watch – für eine
Reform der Exportförderung“ in Wien. Sie wird von WWF, Global2000,
KOO, AGEZ, Gesellschaft für bedrohte Völker und dem Verband
kurdischer StudentInnen getragen.
Türkei: Staudammkette im Nationalpark von VA-Tech und
STRABAG
30% der türkischen Wasserkraft kommen aus österreichischer Hand
– darunter auch katastrophale Großprojekte. Akut ist eine
geplante Staudammkette im größten türkischen Nationalpark
im Munzurtal. Der Park liegt im Kurdengebiet und ist Heimat für zahlreiche
Arten, die nur hier vorkommen. Für die Staudammkette müssten
mehrere Tausend Menschen vertrieben werden, die einmalige Natur wäre
unwiderruflich zerstört. Baubeginn soll im Frühling sein, bisher
wurde keine Umweltverträglichkeitsprü-fung durchgeführt.
„Wir sind sicher, dass die VA Tech und die STRABAG für die
Finanzierung der Staudämme um österreichische Exportgarantien
ansuchen werden“, meint Anders Lustgarten vom Kurdish Human Rights
Project. In Österreich verbietet das Exportförderungsgesetz,
Auskunft darüber zu bekommen, ob die Dämme mit Steuergeld im
Rücken gebaut werden.
Indonesien: Papierfabriken aus österreichischer Hand
vergiften die Flüsse
Auf Sumatra sind zwei Papierfabriken für so massive Umweltzerstörung
verantwortlich, dass sie re-gelmäßig mit Demonstrationen konfrontiert
sind: Indah Kiat und IIU. Beide Fabriken wurde erwiese-nermaßen
durch österreichische Exportkredite mitfinanziert. Sie sind verantwortlich
für die Zerstörung riesiger Flächen von Regenwald und leiten
so viel giftiges Abwasser in die Flüsse ein, dass die Be-wohner der
umliegenden Dörfer an Hautkrankheiten und Vergiftungserscheinungen
leiden. „Diese Monsterfabriken zeigen, was Exportkredite anrichten
können“, meint Avi Mahaningtyas aus Indone-sien. „Keine
internationale Institution und kein Entwicklungshilfeprojekt hätte
sie finanziert – sie existie-ren nur, weil für Exportkredite
keinerlei Standards gelten. Die Folgen tragen die Menschen vor Ort.“
Die internationale Kampagne zur Reform
Bruce Rich vom Environmental Defense Fund (USA) widmet einen großen
Teil seines Berufslebens der Kampagne zur Reform der Exportkreditagenturen
der Industrieländer. Internationale Versuche, einheitliche Umwelt-
und Sozial-Standards einzuführen, sind bisher gescheitert –
unter anderem an Österreich. „Österreich hat in dieser
Frage eine Bremserrolle“, erklärt Rich. Politisch verantwortlich
ist Finanzminister Karl-Heinz-Grasser. „Wir fordern eine Gesetzesreform,
die die Missstände wie völlige Geheimhaltung, Umweltzerstörung
und Menschenrechtsverletzungen endlich beseitigt“, fordert Corin-na
Milborn, Koordinatorin der Kampagne. Mit der Oesterreichischen Kontrollbank,
die für die Vergabe der Exportkredite zuständig ist, und der
Wirtschaftskammer stehen die österreichischen Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen
in einem sehr positiven Dialog – auch international gesehen eine
einma-lige Zusammenarbeit. „Die österreichische Politik hingegen
scheint darauf zu beharren, dass österrei-chische Firmen, sobald
sie die Grenze überschreiten, Umwelt zerstören und Menschenrechte
verlet-zen dürfen und dabei auch noch vom Staat gefördert werden
sollen“, kritisiert Rich. Eine Gesetzesre-form sei überfällig.
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