In Indien ist ein gigantisches Bewässerungsprojekt
geplant – Österreichische Firmen stehen schon in den Startlöchern,
Finanzierung aus Österreich ist im Gespräch. NGOs fordern jedoch
zuvor die Klärung wesentlicher Fragen nach Nutzen, Umsetzungsmodalitäten
und Nachhaltigkeit des Projektes.
Wien, 05.03.2004. Die Regierung des indischen Bundesstaates Andhra Pradesh
plant, am Fluss Godavari ein großes Bewässerungssystem zu errichten.
Das Projekt soll mit Hilfe österreichischer Firmen errichtet werden,
die österreichische Regierung würde die Finanzierung sichern.
Schon mehrmals besuchten österreichische Delegationen das Gebiet,
um das Projekt zu besprechen.
Auf Basis der wenigen öffentlich zugänglichen Informationen
sollen 1,4 Mrd. Liter Wasser aus dem Godavari-Fluss abgepumpt werden,
um eine Fläche von ca. 140.000 Hektar zu bewässern. Das Wasser
soll über 11 Pumpstationen einen Höhenunterschied von 440 Metern
überwinden und mehr als 200 km abgeleitet werden. Ein Vorhaben in
solchen Dimensionen wurde laut Godavari Vedika, einer Gruppierung von
NGOs, bisher in Indien nicht gebaut.
Godavari Vedika bezweifelt keinesfalls, dass die Menschen in der Region
Wasser benötigen. Allerdings stellt sich die Frage, ob das von der
Regionalregierung in Andhra Pradesh entwickelte Projekt wirklich eine
nachhaltige Lösung darstellt.
Daher stellt Godavari Vedika eine Reihe von Fragen:
Wie viel wird im Endeffekt das Wasser kosten und können die Bauern
diesen Preis bezahlen ? Was sind die Umweltauswirkungen des Projekts ?
Ist dieses Projekt wirklich die beste Option ? Und werden die Erwartungen
derer, die schon so lange auf Wasser warten, auch erfüllt werden
?
Die Gruppierung hat Experten beauftragt, das Projekt zu untersuchen:
Erste Ergebnisse sehen folgende Probleme.
Elektrizität
Die Stromkosten erscheinen auf den ersten Blick viel zu hoch. Die Kosten
pro acre (ca. 4046 m2) werden von den Experten der Initiative mit 6864
Rupien berechnet, bei anderen Projekten in Indien belaufen sich die Kosten
auf 400 Rupien.
Einkommen
Es wird erwartet, dass die Bauern nach Fertigstellung des Bewässerungssystems
effizientere Bewässerungstechniken verwenden und ihre Ernte an Reis,
Zwiebel, Tomaten und andere Gemüse pro Flächeneinheit von 1
Tonne auf 2,5 Tonnen steigt.
Allerdings ist zu bedenken, dass diese Bauern oft weniger als 1 Hektar
besitzen. Ob sich die Bauern die moderneren Bewässerungstechniken
leisten können, ist fraglich.
Wasserspeicherung
Das Wasser soll zur Monsunzeit (Juli bis Oktober) gepumpt werden. Allerdings
wohin ? Wenn der Monsun ausreichend ist, sind die bestehenden Speicher
ohnehin gefüllt. Außerdem brauchen die Bauern das Wasser in
Jahren, wo der Monsun nicht ausreichend war, allerdings ist dann die Wasserführung
des Godavari möglicherweise zu gering.
Umweltfragen
Völlig unklar ist zur Zeit, wie und wo die Wasserleitungen verlegt
werden sollen. Wenn sie nicht durch Waldschutzgebiete gehen sollen, müssten
sie entlang des Flusses geführt werden. Dazu bedarf es einer genauen
Untersuchung, inwieweit diese Baumassnahmen die sensiblen Ufer-Ökosysteme
(zer-)stören.
Alternativen
Niemand bestreitet, dass die Bauern von Telangana Wasser brauchen. Ebenfalls
ist klar, dass der Godavari soviel Wasser führt, dass diese Nachfrage
befriedigt werden kann.
Die wesentliche Frage ist nur, zu welchem Preis. Experten meinen, dass
es günstigere Alternativen gibt als das von der Regierung verfolgte
Projekt.
„Diese Fragen müssen geklärt werden, bevor eine endgültige
Entscheidung über den Bau und die Finanzierung des Projekts erfolgen
kann. Es geht darum, eine wirklich nachhaltige Lösung zu finden“,
sagt Dr. Biksham Gujja vom WWF International.
Weitere Info: WWF - Mag. Herbert Schaupp herbert.schaupp@wwf.at

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